Deepseek. Chineschisches StartUp mischt globalen AI-Markt auf

Scheinbar aus dem Nichts erlangte das chinesische Startup Deepseek [1] am letzten Jänner-Wochenende weltweiten Ruhm, indem es den globalen Wettlauf um die Überlegenheit am AI Markt aufmischte. Das Startup veröffentlichte einen Chatbot, der ChatGPT[2] von OpenAI und Co-Pilot[3] von Microsoft ähnelt und einen Frontalangriff auf die Führungsrolle von US-Unternehmen darstellt. Die Rolle der EU im AI Sektor scheint, nicht nur durch den AI Regulierungswahn, noch weiter ins Abseits zu geraten. Seltsamerweise hat niemand mit einem ernsthaften Konkurrenten aus China gerechnet und das hat AI-Branche unerwartet in eine kurzfristige Krise gestürzt.

Deepseekonomie

Am 27. Jänner fiel der Aktienkurs des Chipherstellers Nvidia um rund 17%[4], was einem Verlust von fast $ 600 Mrd. an Marktwert entspricht. Die US-Regierung unter Biden hatte in ihrer festen Absicht, Chinas technologischen Aufstieg zu bremsen, bereits Ende 2023 die Ausfuhr von Nvidia-Chips nach China[] verboten. Diese Sanktionen wurden auch nach Amtsantritt von Donald Trump aufrechterhalten, zumal Präsident Trump bei seinem Amtsantritt mit einem $ 500 Mrd AI-Investitionsprogramm geprahlt hatte. Damit sollten die marktbeherrschenden US Unternehmen in die Lage versetzt werden, ihre bisherige weltweite Oligopolstellung weiter zu sichern und auf Jahrzehnte hinaus die weltweite Marktführerschaft in dieser Branche zu behaupten. Nun stellt sich allerdings heraus, dass die DeepSeek-App "Nvidia´s Super-Chips" überhaupt nicht benötigt, um ein besseres und zugleich billigeres Produkt massenweise herzustellen.

 

Die Probleme der Konkurrenz mit Deepseek

Laut Politico [6] kann das R1-Modell des Unternehmens mit dem leistungsstärksten Modell von OpenAI konkurrieren und es sogar übertreffen und dabei auch deutlich billiger trainiert werden. Deepseek behauptet, dass das Training von Deepseek V3 nur 5,6 Millionen US $, während das Training von OpenAIs GPT-4, Berichten zufolge, 100 Millionen US $ gekostet hat[7], wobei zukünftige Modelle voraussichtlich noch teurer zu trainieren sein werden. Es sollte allerdings beachtet werden, dass die Zahlen von Deepseek etwas widersprüchlich sind, da sich der Preis von 5,6 Millionen US-Dollar nur auf die letzte Phase des Trainings bezieht.
Dennoch scheinen die Zahlen deutlich niedriger zu sein, so dass das kürzlich angekündigte 500 Milliarden US $ schwere AI Joint Venture zwischen OpenAI, der Softbank und Oracle unnötig aufgebläht erscheint.

Future Made in Cina

Der Fortschritt von DeepSeek lässt darauf schließen, dass chinesische AI-Developer Wege gefunden haben, eine größere Effizienz unter geringerem Ressourceneinsatz zu erbringen. Trotz, oder aber gerade wegen der US-Sanktionen lässt der chinesische Erfindergeist us-dominierende AI-Technologie über Nacht veraltet aussehen und international nicht länger wettbewerbsfähig erscheinen.
Es gibt eine weitere Eigenschaft, welche die chinesische AI-App unschlagbar von amerikanische Konkurrenzprodukte abhebt: Sie basiert Großteils auf "Open Source"-Software! Während amerikanische Lösungen wie "OpenAI" (ChatGPT) von Sam Altman, Zuckerbergs Meta Platform, "Co-Pilot" von Microsoft oder "Grok2" von Elon Musk - "Closed Source" sind.

"Open Source" bedeutet, der Quellcode des Systems ist für jeden einsehbar und nicht patentiert. Open-Source-AI-Modelle wie jene von DeepSeek bieten daher einen demokratischeren, vollkommen transparenten Ansatz. Zum Beispiel kann man sehen, was die App mit den eigenen, von ihr gesammelten Daten macht, was Missbrauch vorbeugt. "Open Source" ist außerdem kosteneffizienter und innovativer, denn jeder, der will, kann die App verbessern oder für besondere Anwendungen weiterentwickeln. Grotesker Weise stellt Deepseek den Source Code seines Produkts[8] auf der von Microsoft betriebenen Developement Plattform GitHub[9] zur Einsicht und zum Download bereit.

AI-Apps, die auf "Closed Source" basieren, sind dagegen patentierte Eigentums-Modelle. Man muss sich eine schwarze Box vorstellen, in die man Daten einfüttert und die einem entsprechend ihrer Programmierung Antworten gibt. Im Unterschied zu "Open Source" kann man nicht sehen, was in der schwarzen Box vor sich geht, also, nach welchen Algorithmen das System arbeitet und auf welcher Basis von vorprogrammierten ethischen, politischen oder wirtschaftlichen Prioritäten oder Kriterien eine Antwort entsteht.

Closed-Source-Modelle sind auch unverzichtbar, wenn mit AI über Lizenzgebühren Profite erwirtschaftet werden sollen. Paralell dazu entstehen aber höhere Kosten und das Motiv für Innovation des existierenden Systems bleibt hinten angestellt. Im Gegensatz dazu treiben offene Modelle schnellere technologische Fortschritte, größere Zugänglichkeit und von der Gemeinschaft gesteuerte Verbesserungen voran, wodurch KI inklusiver und für eine breitere soziale Nutzerbasis vorteilhafter wird.

Fazit

Der Erfolg von DeepSeek hat weitreichende Implikationen für die globale Technologieindustrie und die Lieferketten: es widerlegt die weitverbreitete Überzeugung, dass die Zukunft von AI immer mehr Kapital, mehr Energie und noch mehr Ressourcen zur Entwicklung erfordern wird. Die Reaktion vieler Amerikaner auf diesen chinesischen Durchbruch ließ nicht lange auf sich warten und war erwartungsgemäß amerikanisch: nicht, indem anerkannt wurde, dass US-Konzerne sich über lange Zeit auf ihren technologischen Lorbeeren ausgeruht haben und nun hinterherhinken,  sondern indem versucht wurde, die chinesische Konkurrenz zu diffamieren und zu sabotieren. Die von Washington stets hoch gepriesenen "Werte des freien Handels, der Fairness und möge der Beste gewinnen" scheinen hierbei wie Lippenbekenntnisse, die die Angst um den bereits vollzogenen Verlust der technologischen Führerschaft der USA verbergen sollen.

 

Quellennachweis:
[1] https://www.deepseek.com/
[2] https://openai.com/chatgpt/overview/
[3] https://copilot.microsoft.com/
[4] https://www.bbc.com/news/articles/c4gpq01rvd4o
[5] https://www.reuters.com/technology/biden-cut-china-off-more-nvidia-chips-expand-curbs-more-countries-2023-10-17/
[6] https://www.politico.com/newsletters/digital-future-daily/2025/01/27/whats-behind-the-deepseek-freakout-00200813
[7] https://www.wsj.com/tech/ai/openai-gpt5-orion-delays-639e7693
[8] https://github.com/deepseek-ai
[9] https://github.com/